Den Süsswasserfischen verfallen

St. Galler Bauer / 07.01.2024

Text und Bild: Barbara Bäuerle-Rhyner – 07. Jan 2024

Mit Hut und Gummischürze streift Fischzüchter Hermann Ure bei Schneeregen um die zahlreichen Becken. In ihnen plätschert Wasser und schwimmen Fische. Am Dorfrand des glarnerischen Hätzingen liegt die Fryberghof Fischzucht, die mit Regionalität und Nachhaltigkeit den Nerv der Zeit und auf steigende Nachfrage trifft.

Fryberghof

Hermann Ure entfernt täglich unbefruchtete Eier mit der Pipette.

Erst Aufsicht, dann Züchter

Die knapp 20 Kilometer von Mollis ins Glarner Hinterland nimmt er oft unter die Räder, denn auch Fische werden zweimal täglich gefüttert. Dabei wird der gelernte Schreiner, der nach wie vor in einem 80-Prozent-Pensum in seinem Beruf tätig ist, von Partner Thomas Kamm aus Filzbach unterstützt. Er ist gelernter Koch und Landwirt und übernahm mit Hermann Ure 2021 die bereits bestehende Fryberghof Fischzucht. Die ganze Anlage steht auf einem ehemaligen Fabrikareal, dem Hefti-Areal. Dessen Besitzer Caroline und Stefan Trümpi, welche die weiteren Partner der Fryberghof Fischzucht GmbH sind, kümmern sich um die Vermarktung und die baulichen Massnahmen.

Die beste Alternative, wenn man nicht mehr selber fängt.

Auch die Fischzucht ist an zahlreiche Vorschriften und Richtlinien gebunden, in deren Umsetzung Hermann Ure seit 30 Jahren die kantonale Aufsicht unterstützt. So war er nebst seiner eigenen kleinen Zucht in Engi auch bereits als Aufsichtsperson in Hätzingen involviert und betreute Jung-Fischzüchter Thomas Kamm bei dessen Ausbildung, als der Fryberghof frei wurde. Heute leben in der Fischzucht rund 35 000 Tiere, bei einem Absatz von rund drei Tonnen Fisch pro Jahr.

Fryberghof

Die Anlage der Fryberghof Fischzucht in Hätzingen wird mit Grundwasser betrieben.

Laich und Befruchtung

Die Regenbogenforellen, Goldforellen und Saiblinge werden einmal jährlich abgestreift. Was die Laichgewinnung und Befruchtung bedeutet. Dazu werden die rund 160 Muttertiere, auch Rogener (weiblich) und Milchner (männlich) genannt, von Anfang Oktober bis Mitte Januar wöchentlich auf die Laichreife überprüft. Mit gekonnten Handgriffen holt Hermann Ure die bis zu drei Kilo schweren Fische aus dem Becken und weiss durch wenige Abtastungen, ob die Eier so weit sind. Nachdem die Rogener im Nelkenbad leicht betäubt wurden, streift er innert kürzester Zeit die bis zu 8000 Eier ab und entlässt die Tiere wieder ins Becken. Auch das Sperma der Milchner wird auf diese Weise gewonnen und direkt in den Behälter zu den Eiern gegeben. Erst durch die Zugabe von Wasser findet die Befruchtung statt und Herman Ure verrührt die Masse mit einer Schwanenfeder. «Später, wenn wir die Brutschalen voll haben, streifen wir die reifen Muttertiere dennoch ab, da sie in den Becken nicht laichen können und sonst verenden würden», so Herman Ure, bevor er die Eier in die Brutschalen bringt. Nach 40 bis 45 Tagen schlüpfen die Eier, ernähren sich vorerst vom Dottersack, bis sie nach weiteren 30 Tagen angefüttert werden. Nach dem Längstrog geht es ins Rundstrombecken, bis sie im Vorsommer in die Aussenanlage kommen. Dort tummeln sich zahlreiche Fische in verschiedenen Grössen, denn erst nach rund zwei Jahren sind sie schlachtreif. «Man könnte das schon mit Fütterung und Haltung beschleunigen, aber für uns passt das nicht und auch die Qualität des Fleisches leidet», so ist der Molliser auch von der späteren Abstreifung seiner selbst nachgezogenen Muttertiere überzeugt, denn für ihn geht mit der Fischzucht auch die Achtung vor natürlichen Kreisläufen einher.

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